Im Kosmos der Demokratie


In Berlin fand der Openion-Bundeskongress statt – und das „Roko“ war dabei

Neun Schüler  und  zwei  Lehrerinnen  des Robert-Koch-Gymnasiums („Roko“)  waren  zusammen  mit Stadtrat Cem Yasinoglu (Freie Wähler)  als  Kooperationspartner  zum Openion-Bundeskongress  „Bildung für  eine  gerechte  Demokratie“  in Berlin eingeladen. Im „Kosmos“, so der  Name  des  Veranstaltungsorts, war zu DDR-Zeiten ein großer Kinopalast  untergebracht  –  die  rund 400 Teilnehmer blickten in drei Arbeitsphasen  und  18  Workshops  in den „Kosmos der Demokratie“ und dabei ging es um handfeste Themen: „Wir  retten  den  Planeten  auch  für die  Arschlöcher,  damit  muss  man klarkommen!“,  das  war  eine  recht plakative  Aussage  zum  Kongress. Und so ist es nun einmal: Verschiedene gesellschaftliche Gruppen haben entgegengesetzte Grundansichten  zu  Welt  und  Politik. Doch  nur wenn wir einander zuhören und bis zu einem gewissen Punkt aufeinander zugehen, können wir Lösungen finden  und  wenigstens  auf  einen sich ähnelnden, wenn schon keinen gemeinsamen, Nenner kommen.

Hier kam man ins Gespräch

Veranstaltungen wie dem Openion-Kongress  könnte  man  auch „Konferenztourismus“ unterstellen, doch  kamen  während  der  beiden Kongresstage Jugendliche mit Politikern,  Journalisten  und  Experten über  grunddemokratische  Themen wirklich  ins  Gespräch.  Diskutiert wurde  zum  Beispiel  über  die Rechtsradikalisierung  des  ländlichen  Raums,  Migration  aus  der Sicht  von  Jugendlichen,  queere Vielfalt  als  Demokratiebestandteil und Meinungsbildung in Zeiten der Digitalisierung. Man hatte das Gefühl,  dass  wirklich  etwas  gemacht wird. Zu diesem Gefühl trugen auch die  etlichen  Berichte  der  Jugendlichen aus ganz Deutschland bei, die von ihrem freiwilligen Engagement und Projekten erzählten. Dabei faszinierte auch die unglaubliche Vielfalt  der  Projektthemen,  alles  war vertreten,  von  sozialer,  über  feministischer und kinderrechtlicher, bis hin zu ökologischer Natur, zwischen Youtube  oder  Tagesschau,  um  Migration  und  Prävention,  es  wurde informiert  und  diskutiert  und  dazwischen hatte man bei Getränken und  Buffet  genug  Zeit,  um  sich zwanglos auszutauschen.

Die  neun  Schüler  waren  bereits einen  Tag  vor  Kongressstart  angereist,  um  mit  ihren  Betreuern  von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung  das  Veranstaltungsformat und den Tagungscharakter kennenzulernen. Das Konzept ging voll auf: Die Schülerdelegationen der einzelnen  Bundesländer  kamen  schnell ins Gespräch und tauschten sich zu den Unterschieden und Möglichkeiten  der  Partizipation  an  ihren  jeweiligen Schulen aus. Ein Highlight für die „Roko“-Schüler war die von Cem Yasinoglu überraschend organisierte Führung durch den Bundestag, die der Bundestagsabgeordnete Thomas  Erndl  (CSU)  ermöglicht hatte. Die Schüler konnten an einer Sitzung  teilnehmen  und  ein  Foto mit Claudia Roth (Die Grünen), der Vizepräsidentin  des  Bundestags, aufnehmen.  Eine  Stadtführung machte das Angebot komplett. Die Robert-Koch-Lehrerinnen  Sonja Würf und Angela Fürstenau hatten in Kooperation mit dem „Netzwerk für  kulturelle  Vielfalt“  2000  Euro Fördergeld  für  die  Gestaltung  des Fair-Future-Projekts nach Deggendorf  geholt.  Das  Projektjahr  hat wieder die vielfältigen Möglichkeiten von demokratiefördernden Aktionen  lebendig  vor  Augen  geführt und war dafür ausdrücklich von der Openion-Projektleitung  belobigt worden. In den Fair-Future-Projekten haben Kinder und Jugendliche, Lehrkräfte und Engagierte in Vereinen  gezeigt,  wie  erfolgreiche  Kooperation  in  der  Demokratiebildung aussehen kann.

Hinschauen und beteiligen

In seinem Impulsvortrag in Berlin „Demokratie im Wandel – was ist zu tun?“  betonte  Michel  Abdollahi, dass man sich der Herausforderung der  fortschreitenden  Digitalisierung  und  dem  weltweit  erstarkten (Rechts-)Populismus  durch  „Hinschauen“  und  aktive  Beteiligung stellen  kann.  Dr.  Heike  Kahl,  die Geschäftsführerin  der  Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, unterstreicht  diesen  Ansatz:  „Demokratie hört genauso wenig an der Wahlurne auf wie Bildung am Schultor. Eine  demokratische  Gesellschaft basiert auf einer im Alltag gelebten Demokratie,  die  von  Akzeptanz, Empathie und Fairness geprägt ist.“ Mit einem weiteren Höhepunkt ging der Kongress zu Ende: Patrick Stephan,  ein  Mitorganisator  der  „Fridays for Future“-Bewegung, appellierte an die Teilnehmer, nicht müde zu werden, sich am demokratischen Prozess zu beteiligen, denn: „No one is too small to make a difference.“

Donau Anzeiger, 10.10.2019